Wie die Ernährung unseren Schlaf beeinflusst

Was, wenn dir gesagt werden wird, dass es eine Behandlung gibt, die dich in jeder Fähigkeit oder Aktivität besser machen kann? Was, wenn dir gesagt wird, dass diese Behandlung jeder Person zugänglich ist, völlig ohne Kosten? Diese Behandlung nennt sich adäquater Schlaf und kann über die Ernährung beeinflusst werden.

Was wir im Verlauf des Tages essen und trinken, kann die Einschlafzeit, die Durchschlafdauer, die Dauer der Tiefschlafphasen und letztlich auch die Schlafqualität beeinflussen. So gibt es Lebensmittel, die anregend wirken und Lebensmittel, die helfen, zur Ruhe zu kommen. Daneben kann auch die Zusammensetzung der Nahrung eine Rolle spielen. Wie ihr eure Ernährung anpassen könnt, um schneller und besser zu schlafen und am Morgen erholter zu sein erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Frau schläft in einem weissen Bett und trägt eine schwarze Augenbinde
Ein erholsamer Schlaf ist die Grundlage, um bestmögliche Leistungen erbringen zu können.

Wirkung von Schlaf auf die Leistungsfähigkeit

In diesem Abschnitt zitiere ich mit Erlaubnis einen Ausschnitt des Artikels von Nina Zweifel zum Thema „Schlaf, Performance und wie du dein Verhalten ändern kannst“:

„Abgesehen davon, dass man länger und gesünder lebt, hat sich gezeigt, dass eine ausreichende Menge Schlaf jede Nacht zu sofortigen athletischen Vorteilen in traditionellen Sportarten führt. Zum Beispiel hat eine Studie mit Universitätsbasketballspielern gezeigt, dass sich verschiedenste Performanceindikatoren wie Schnelligkeit und Treffgenauigkeit signifikant verbesserten nach einer längeren Zeit mit ausreichendem Schlaf. (Mah et al., 2011). Bei Elitefussballspielern wurde festgestellt, dass zu wenig Schlaf nach einem Spiel zu erhöhten Schmerzen im Körper führte und zu verstärkten Entzündungsreaktionen. Dies kommt entweder von der grösseren Menge an Verletzungen durch Sport oder von einer beeinträchtigten Regeneration als Konsequenz von unzureichendem Schlaf (Nédélec et al., 2015). Allein diese zwei Studien demonstrieren, dass Schlaf inkrementell ist, um einen Athleten für Höchstleistungen vorzubereiten, aber auch um optimale Regeneration danach zu gewährleisten.

In einer brandneuen Studie über Schlaf bei professionellen E-Sport Athleten, haben Lee et al. (2021) herausgefunden, dass die Athleten eine durchschnittliche Schlafzeit von 6.8 Stunden haben, was deutlich kürzer ist als die empfohlenen 6 bis 8 Stunden Schlaf pro Nacht. Dazu kommt, dass circa die Hälfte der Teilnehmer eine Latenzzeit beim Einschlafen haben, die nahezu an klinische Schlaflosigkeit grenzt, und dass die Teilnehmer exzessive Schläfrigkeit während des Tages erfuhren (Lee et al., 2021). Insgesamt zeigt diese Studie auf, dass es verschiedene Gründe gibt, die eine Schlafintervention für E-Sport Athleten nötig machen.“

Wie kann die Ernährung den Schlaf beeinflussen?

Über die Ernährung können wir unseren Schlaf sowohl direkt als auch indirekt beeinflussen. Nahrungsbestandteile wie beispielsweise Koffein wirken direkt auf unseren Schlaf, während die Ernährung indirekt über die Regulierung anderer mit dem Schlaf zusammenhängenden Faktoren wirkt. In Bezug auf die Regulierung des Schlafs konnten eine Reihe von Neurotransmittern identifiziert werden, die mit dem Schlaf-Wach-Zyklus verbunden sind. Daher können ernährungsbedingte Interventionen, die auf diese Neurotransmitter im Gehirn wirken, auch den Schlaf beeinflussen.

Zusammensetzung der Mahlzeit

Starten wir mal allgemein mit der Zusammensetzung unser Ernährung und deren Einfluss auf den Schlaf. Eine grosse epidemiologische Studie in den USA zeigte, dass Kurzschläfer (<7h Schlaf) eine einseitigere Ernährung aufweisen und weniger Proteine, Kohlenhydrate und Nahrungsfasern zu sich nehmen gleichzeitig aber mehr Fett konsumieren, als Personen mit einer Schlafdauer von >7h. Diese Ergebnisse werden durch Interventionsstudien unterstützt, die bei einer verkürzten Schlafzeit eine höhere Aufnahme von Snacks beobachteten. Zu beachten ist, dass epidemiologische Studien keine Kausalität oder die Richtung der Beziehung zwischen den Variablen untersuchen können. Obwohl in diesen Studien ein Zusammenhang zwischen Schlaf und Ernährung festgestellt wurde, ist nicht bekannt, ob der Schlaf die Nahrungsaufnahme beeinflusst oder die Nahrungsaufnahme den Schlaf.

Andere Studien, bei welchen die tägliche Nährstoffzufuhr bewusst verändert wurde, legen nahe, dass eine kohlenhydratreiche Ernährung zu kürzeren Einschlafzeiten führt, eine proteinreiche Ernährung zu weniger Aufwach-Episoden und eine fettreiche Ernährung die Gesamtschlafzeit negativ beeinflussen kann. Da sich die Resultate vieler Studien aber auch gegenseitig widersprechen ist es aktuell nicht möglich eine endgültige Aussage über den Einfluss einzelner Makronährstoffe und der Zusammensetzung der Mahlzeit auf den Schlaf zu machen.

Koffein

Koffein ist einer der bekanntesten Wachmacher und wird von vielen Personen täglich konsumiert. Dies in Form von Kaffee, Tee, Cola oder in Energy Drinks. Diverse Studien haben gezeigt, dass Koffein verschiedene Aspekte der Schlafqualität negativ beeinflusst, wie beispielsweise die Einschlafzeit, die Aufwachzeit nach Schlafbeginn, Schlafeffizienz und Schlafdauer. Studien an Sportlern haben ebenfalls nachteilige Auswirkungen auf die Schlafqualität und die Regenerationsfähigkeit nach verschiedenen Dosen Koffein gezeigt.
Wie stark eine Person auf Koffein reagiert ist aber individuell verschieden. Während manche Mensch nach einer Tasse Kaffee nicht mehr schlafen können schlafen andere Personen unbeschwert ein. Individuelle Unterschiede in der Leistungsfähigkeit sowie nachteilige Auswirkungen auf den Schlaf nach Koffeineinnahme können auf genetische Variationen im Zusammenhang mit dem Koffeinstoffwechsel zurückgeführt werden. Andere Faktoren, wie beispielsweise die tägliche Koffeineinnahme, können ebenfalls eine Rolle bei den Unterschieden in der Reaktion zwischen den Individuen spielen.

Da Koffein eine Halbwertszeit (Zeit bis die Hälfte des Koffeins im Körper abgebaut ist) von durchschnittlich 4-6 Stunden hat ist es empfehlenswert, den Koffeinkonsum am Nachmittag einzustellen. Wer Probleme beim Einschlafen hat, sollte besser schon verhältnismässig früh am Tag auf anregende Getränke wie Kaffee und Cola oder Energy Drinks verzichten.

Kaffeetasse mit Kaffeebohnen auf einer dunklen Holzplatte
Koffein hat je nach Person einen anderen Effekt auf die Leistungsfähigkeit und den Schlaf.

Alkohol

Alkohol ist ein häufig verwendetes „rezeptfreies“ Schlafmittel. Bei gesunden Personen ohne Alkoholabhängigkeit kann akuter Alkoholkonsum die Einschlafzeit verringern und die Qualität und Quantität des REM-Schlafs in der ersten Hälfte der Nacht erhöhen. Der Schlaf wird jedoch in der zweiten Hälfte massiv gestört. Obwohl alkoholbedingte Schlafprobleme erhebliche wirtschaftliche und klinische Folgen haben, ist nur sehr wenig darüber bekannt, wie und wo Alkohol den Schlaf beeinflusst. Dadurch, dass der Schlaf vor allem in der zweiten Hälfte stark gestört wird empfiehlt es sich nicht Alkohol zur Unterstützung des Schlafs zu konsumieren.

Melatonin

Melatonin ist ein Hormon, das den Schlaf-Wach-Zyklus beeinflussen kann, da es dem Körper Informationen über den Tageszyklus von Licht und Dunkelheit vermittelt. Dadurch hat es eine schlaffördernde Wirkung. Eine Meta-Analyse berichtete über eine Verringerung der Einschlafzeit um 7,2 Minuten bei der Supplementation von Melatonin und kam zu dem Schluss, dass Melatonin zwar für die kurzfristige Anwendung sicher zu sein scheint, es aber keine Hinweise auf eine Wirksamkeit bei den meisten primären Schlafstörungen gibt.

Melatonin ist in Lebensmitteln unter anderem in Sauerkirschen zu finden. Aus diesem Grund gibt es auch einige Studien, die den Effekt von Suerkirschsaft untersucht haben. Howatson et al. (2011) untersuchten beispielsweise, welchen Effekt die Gabe von konzentriertem Sauerkirschsaft auf die Schlafqualität hat. Die erhobenen Daten deuten darauf hin, dass der Verzehr eines Sauerkirschsaftkonzentrats einen Anstieg des exogenen Melatonins bewirkt, der bei gesunden Männern und Frauen die Schlafdauer und -qualität verbessert und bei der Behandlung von Schlafstörungen von Nutzen sein könnte.
Während die bisher durchgeführten Studien vielversprechend sind, wurden noch keine Studien durchgeführt, um festzustellen, ob es irgendwelche negativen Nebenwirkungen bei der Einführung hoher Mengen von Sauerkirschsaft in die tägliche Ernährung gibt. Zu beachten ist unter anderem, dass in etwa 2 dl Sauerkirschsaft auch 25 Gramm Zucker enthalten sind.

Mikronährstoffe

Mikronährstoffe können für den Schlaf wichtig sein, da sie an der Art und Weise, wie das Gehirn den Schlaf reguliert, beteiligt sein können. Obwohl die wissenschaftliche Forschung in diesem Bereich minimal ist, deutet eine aktuelle Übersichtsarbeit darauf hin, dass es einen Zusammenhang zwischen Schlafdauer und Mikronährstoffen gibt, wobei die Schlafdauer positiv mit Eisen, Zink und Magnesium assoziiert ist. Da eine Supplementation einzelner Vitamine und Mineralstoffe nur bei Mangelerscheinungen empfohlen wird ist es wichtiger auf eine abwechslungsreiche Ernährung mit viel verschiedenen Früchten und Gemüsen sowie Getreide zu achten. Denn auch so können viele Vitamine und Mineralstoffe zugeführt werden.

Andere Ernährungsfaktoren

Trotz intensiver Studiensuche und Lektüre konnte ich keine Studien finden, welche bestätigen, dass eine grössere Mahlzeit vor dem Schlafen den Schlaf signifikant beeinflussen kann. Lediglich die Umgekehrte Reaktion konnte gezeigt werden, nämlich, dass bei Schlafmangel grössere Mahlzeiten konsumiert werden. Möglicherweise geschieht das, um den Körper mit mehr Energie zu versorgen. Auch zum Zeitabstand der letzten Mahlzeit bis zum Schlafen gibt es kaum Resultate. Aus meiner Erfahrung mit Klient*innen kann ich sagen, dass Personen besser schlafen, wenn ihre Energiezufuhr dem Bedarf entspricht. Oder anders ausgedrückt: Personen, die z.B. aufgrund von Diäten zu wenig essen berichten vermehrt von wenig erholsamen Schlaf und bemerken eine Verbesserung, wenn sie die Energiezufuhr an den Bedarf anpassen.

Was kannst du essen um besser zu schlafen?

Obwohl die Forschung minimal und wenig schlüssig ist, können einige praktische Empfehlungen bezüglich Ernährung und Schlaf gemacht werden:

  • Regelmässige ausgewogene Mahlzeiten einnehmen die sowohl kohlenhydrate als auch Protein und Gemüse/ Früchte enthalten
  • Verschiedene Früchte, Gemüse und Getreidesorten konsumieren, da jede Sorte andere Vitamine und Mineralstoffe enthält
  • Zufuhr von Fett im Rahmen der Empfehlungen (30% der zugeführten Energie)
  • Konsum von Koffein ab dem frühen Nachmittag einstellen
  • Sauerkirschsaft kann möglicherweise den Schlaf verbessern, dabei soll jedoch auch die hohe Zuckermenge berücksichtigt werden

Massnahmen zur Schlafhygiene

Selbstverständlich gibt es neben der Ernährung noch viele andere (und besser erforschte Massnahmen), um den Schlaf zu fördern und am nächsten Morgen erholter zu sein. Dazu gehören folgende Punkte:

  • Fixen Zeitpunkt für die Nachtruhe festlegen
  • Bett nur fürs Schlafen verwenden und nicht noch für andere Aktivitäten wie z.B. Hausaufgaben machen oder lesen
  • Schlafroutine entwickeln
  • Bildschirmzeit vor dem Schlafen reduzieren
  • Zimmer lüften, um die Temperatur zu senken
  • Raum verdunkeln
  • etc.

Fazit

Wie sich unsere Ernährung auf den Schlaf auswirkt, kann sehr verschieden sein. Was dem einen Menschen bekommt, kann den anderen vom Schlaf abhalten. Hier hilft es, besonders bei Schlafstörungen, die Reaktionen des Körpers auf bestimmte Lebensmittel oder (Ernährungs-)Gewohnheiten zu beobachten. Personen die ihren Schlaf verbessern möchten, sollten sich vor allem auf eine optimale Schlafhygiene konzentrieren. Der Verzehr einer ausgewogenen und gesunden Ernährung kann die Chancen auf einen guten Schlaf anschliessend zusätzlich erhöhen. Möchtest du noch mehr erfahren oder hast du eine Frage? Dann schreibe mir doch hier. Alle aktuellen Angebote und die Möglichkeiten für persönliche Beratungen findest du unter „Angebote“

Quellen

Um den Lesefluss nicht zu reduzieren sind alle Quellen am Ende aufgelistet. Bei Fragen zur Quelle einzelner Sätze könnt ihr euch gerne direkt an mich wenden.

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