Energieverfügbarkeit im Sport?

Was haben Stressfrakturen und Ermüdungsbrüche mit der Ernährung zu tun? Nicht nur die generelle Leistungsfähigkeit sondern auch unser Hormonhaushalt, unsere Verdauung und unsere Stimmung oder eben unsere Knochendichte können unter einer zu tiefen Energieverfügbarkeit leiden. In Fachkreisen redet man dann von einem RED-S oder einer Female Athlete Triade.

Ermüdungsbrüche wegen einer zu tiefen Energiezufuhr sind keine Einzelfälle, denn häufig unterschätzen Sportler*innen ihren Energiebedarf. In meiner Tätigkeit als Ernährungsberaterin treffe ich dieses Phänomen regelmässig an. Wieso es dabei zu Knochenbrüchen kommt und wie das Ganze funktioniert möchte ich dir in diesem Blogpost erklären.

Energieverfügbarkeit im Sport
Eine gute Energieverfügbarkeit ist zentral für eine optimale Gesundheit und Leistungsfähigkeit.

Energie ist das, was unser Körper benötigt, um Leistungen zu erbringen. Sei dies im Alltag oder im Sport. Erhält unser Körper zu wenig Energie sind wir nicht maximal leistungsfähig und fahren sozusagen mit angezogener Handbremse. Eine geringe Energiezufuhr kann zu einer reduzierten Energieverfügbarkeit führen, was wiederum diverse gesundheitliche Auswirkungen haben kann.

Was bedeutet Energieverfügbarkeit?

Das Konzept der Energieverfügbarkeit bewertet nicht die klassische Energiebilanz, sondern betrachtet die zugeführte Energiemenge abzüglich der Energie, welche beim Sport verbraucht wird. Die Kalorienmenge die danach übrig bleibt steht unserem Körper, respektive der fettfreien Masse zur Verfügung, um alle notwendigen Funktionen aufrecht zu erhalten. Die fettfreie Körpermasse (FFM) ist dabei entscheidend, da diese die meiste Energie verbraucht.

Bei einer gesunden Person sollte die Energieverfügbarkeit einen Wert von 45 kcal pro kg FFM erreichen. Eine zu tiefe Energieverfügbarkeit bei einem Wert von unter 30 kcal pro kg FFM definiert.

Optimale Energieverfügbarkeitzu tiefe Energieverfügbarkeit
>45 kcal / kg FFM< 30 kcal / kg FFM
Werte für die Einteilung der Energieverfügbarkeit.

Beispiel

Machen wir dazu ein Beispiel: Athlet A ist 24 Jahre alt und wiegt 80 kg. Er hat einen Fettanteil von 20 % und im Umkehrschluss eine fettfreie Körpermasse (FFM) von 80 % was 64 kg entspricht. Pro Tag nimmt er 2200 kcal zu sich und trainiert ca. 1.5 Stunden in denen er rund 800 kcal verbraucht. Seinem Körper respektive seiner FFM stehen damit noch 1400 kcal zur Verfügung. Rechnen wir nun die 1400 kcal durch die 64 kg fettfreie Masse, erhalten wir einen Wert von 21,8 kcal pro kg FFM. Athlet A wird dem Energiebedarf seines Körpers somit nicht gerecht und weist eine zu tiefe Energieverfügbarkeit auf.

RED-S und Female Athlete Triad

Die zu tiefe Energieverfügbarkeit wird in Fachkreisen RED-S (Relatives Energiedefizit im Sport) genannt. Weiter ist das Phänomen auch unter dem Begriff Female Athlete Triad (Triade der sporttreibenden Frau) bekannt. Bei der Female Athlete Triad handelt es sich um einen Symptomkomplex von Zyklusstörungen, gestörtem Essverhalten und verringerter Knochendichte bei Frauen. Da jedoch nicht nur Frauen von einer zu tiefen Energieverfügbarkeit betroffen sind und auch andere Symptome vorkommen können, hat sich der Begriff RED-S etabliert.

Symptome

Die Auswirkungen des RED-S sind weitreichend und abhängig von der Dauer, in der sich eine Person bereits in diesem Energiedefizit befindet. Zu den Symptomen zählen diverse Nährstoffmängel, chronische Müdigkeit, eine tiefere Knochendichte, eine Reduktion des Grundumsatzes und eine verzögerte Regeneration. Weitere physiologische Komplikationen betreffen das Herz-Kreislauf-System, den Magen-Darm-Trakt, unsere Muskulatur und den Hormonhaushalt. Daraus resultieren negative Einflüsse auf die Leistungsfähigkeit, Trainingsanpassung, Konzentration, Koordination und ein erhöhtes Verletzungsrisiko (z.B. Stressfrakturen).

Infografik von Compeat Nutrition zu den Symptomen des RED-S auch bekannt unter Female Athlete Triade oder zu tiefe Energieverfügbarkeit
Symptome einer zu tiefen Energieverfügbarkeit / des RED-S

Vorkommen und Entstehungsgründe

Eine tiefe Energieverfügbarkeit kann unbewusst auftreten, wenn mit sehr hohen Trainingsumfängen trainiert wird und dabei nicht genügend Energie zugeführt wird. Betroffen sind zudem oft Sportler*innnen, welche auf ein niedriges Körpergewicht achten (Gewichtsreduktionsphase oder dauerhaft geringes Körpergewicht). Besonders in Sportarten mit einer gewichtsabhängigen Leistung oder im Ausdauersport kommt eine zu tiefe Energieverfügbarkeit häufig vor. Aber auch Personen, die aus zeitlichen Gründen zu wenig essen und/oder den eigenen Energiebedarf unterschätzen sind betroffen.

Fazit

Eine dem Energieverbrauch angepasste Energiezufuhr ist ein zentraler Bestandteil in der Ernährung von Sportler*innen und eine wesentliche Voraussetzung für deine Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Deshalb solltest du stets auf eine ausreichende, der Situation angemessene Energiezufuhr achten, um den trainings- und allenfalls Wachstums bedingten Bedarf zu decken. Bist du dir unsicher, ob du deinen Bedarf genügend abdeckst? Gerne unterstütze ich dich in einem persönlichen Gespräch. Hier findest du all meine aktuellen Angebot.

Quellen

Um den Lesefluss nicht zu reduzieren sind alle Quellen am Ende aufgelistet. Bei Fragen zur Quelle einzelner Sätze könnt ihr euch gerne direkt an mich wenden.

Loucks, A. B., Kiens, B., & Wright, H. H. (2011). Energy availability in athletes. Journal of sports sciences, 29, S7-15.
Mountjoy, M., Sundgot-Borgen, J., Burke, L., Carter, S., Constantini, N., Lebrun, C., … & Ljungqvist, A. (2014). The IOC consensus statement: beyond the female athlete triad—Relative Energy Deficiency in Sport (RED-S). Br J Sports Med, 48(7), 491-497.
Mountjoy, M., Sundgot-Borgen, J. K., Burke, L. M., Ackerman, K. E., Blauwet, C., Constantini, N., … & Sherman, R. T. (2018). IOC consensus statement on relative energy deficiency in sport (RED-S): 2018 update. Br J Sports Med, bjsports-2018.
Torstveit, M. K., Fahrenholtz, I., Stenqvist, T. B., Sylta, Ø., & Melin, A. (2018). Within-day energy deficiency and metabolic perturbation in male endurance athletes. International journal of sport nutrition and exercise metabolism, 28(4), 419-427.
Swiss Sports Nutrition Society: www.ssns.ch abgerufen am 20.01.2020

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